Der kleine Bär – die URSA

Der „Kleine Bär“ ist ein harmloses Sternbild. Grosse Bären gibt es in Kanada und Alaska, nennen sich Grizzlys, und fressen schon mal den ein oder anderen Wanderer zu Lachs und Blaubeeren.

Kleiner Bär - Ursa minor

Kleiner Bär – Ursa minor

Was nun die Australier von BlackMagic geritten hat die aktuelle 4K Kamera URSA, also BÄR, zu nennen das kann ich nur erahnen. Ohnehin gibt es Downunder doch eh nur augenscheinlich niedliche, leichte Koalabären mit eingeschränktem Speiseplan.

BlackMagic URSA 4K für 4800.00 € netto (ohne Optik)

Australischer Bär. BlackMagic URSA 4K für 4800.00 € netto (ohne Optik)

Mein Freund Kerem aus dem schönen Österreich hatte eine URSA von VistaVision zum Testen bekommen und so bot sich die Gelegenheit, für einen Dreh, die URSA 4K zusammen mit einer BMPC 4K einzusetzen.
Die Super 35 Sensoren beider Cams sind baugleich, die Objektive waren es auch, 2x die Canon EF 24-105 USM Fotooptik.
Vorneweg – die beiden Cams passen wunderbar zusammen. Haben den gleichen Mount (EF), unterstützen die gleichen Codecs und bieten weitgehend auch das gleiche Userinterface. Gedreht wurde auf 4K ProRes422.

URSA mit mächtigem Ausklappmonitor zur Bildkontrolle

URSA mit mächtigem, scharfem Ausklappmonitor zur Bildkontrolle, links spiegelt sich ein Fenster hinter der Kamera.

Verbindet man den SDI Out der BMPC mit dem SDI In der URSA, kann man das Bild der BlackMagic Produktion Camera auf dem Ausklappmonitor der URSA wiedergeben.
Das ist sehr praktisch, da man an, setzt man eine URSA als Hauptkamera ein, immer eine Bildkontrolle durchführen kann. Auch die Parameter Akkustand oder freier Speicherplatz der verbundenen Kamera sind abrufbar.

Als Speichermedium nutzt die URSA CFast 2.0.
Auf 120 GByte gehen 30 Minuten 4K Material. Allerdings kostet das Kärtchen aktuell 800,00 € netto. = 6,67 €/GByte.
Günstiger ist es bei der BMPC, hier kommen von BlackMagic freigegebene SSDs zum Einsatz. Eine lizensierte Intel 240 GB SSD kostet etwa 150,00 € netto. = 0,63 €/Gbyte.

URSA-Medien

Speichermedien der BlackMagic Cams. Links für URSA, rechts für die BMPC 4K

Der grosse Klappmonitor, die Bedienelemente, die Anzeigen, Menu, Ein-Ausgänge (XLR, SDI, …) das alles passt wunderbar an der URSA.
Langfristig wird man aber um einen Augensucher (EVF) nicht herum kommen. Im Freien dürfte das Display nur eingeschränkt zur Bildkontrolle taugen. Zudem lässt er sich leider nicht nach vorne oder nach unten klappen. Voll nutzbar ist das Display nur bei Innendrehs vom Stativ.
Die Bildqualität des Bären ist schon, wie bei der BMPC, hervorragend.
Die Lichtempfindlichkeit ist ok. Mit 1:4 glänzen die verwendeten Canon Optiken nicht mit guter Lichtstärke, da wird auf dem Weg zum Sensor ordentlich was weggefiltert.

Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten. Und der wiegt schwer.
Fast acht Kilo bringt die URSA ohne Akku, Anbauteile und Optik auf die Waage.
Das ist heftig. Sie fühlt sich richtig schwer an, für mein Verständnis zu schwer.
Warum der BÄR so gewichtig ausfallen musste ist mir nicht klar. Sie ist solide gebaut, ok. Aber das sind andere auch ohne eine Last zu sein, denn das ist sie. Als Schultercam kommt man mit Sucher, Optik, Rig schnell auf weit über 10 Kilo. Das ist zu viel und ruiniert einem das Kreuz.
Ein anderer Punkt:
Die angenehmen, erschwinglichen Hilfsmittel wie Leichtkräne, Slider, Gimbalsysteme ala DJI Ronin oder Multicopter werden mit dieser Cam nicht nutzbar sein. Die URSA ist eine „Ich dreh vom soliden Stativ und steh hinter der Kamera“ Mühle.

Das ist echt schade, denn die URSA könnte Spass machen. Bauform. Codecs, Sensor, Schnittstellen – alles passt. Es ist nur in einem zu schweren Body gefangen. Die BMPC wiegt nur etwa 2 Kilogramm.
Bis zur NAB imFrühjahr 2015 hat Blackmagic jetzt Zeit den Bären auf Diät zu setzen und einen URSA Koala draus zu machen, sonst bleibt das Ding beim Händler liegen wie, nun ja, wie ein Backstein.

Kommt ganz drauf an, wie man es sieht.

Ich gebe es zu, ich habe noch nie gerne auf Ausstellungen gedreht – Skulpturen ok, aber die Werke eines Malers? Eingerahmte Zeichnungen, Grafiken, Malereien – das war nie meines. Die Farben gehen am TV verloren, das Objekt ist statisch, vom Ersteller als zu betrachtende Gesamtheit angelegt.

Natürlich kann man das auch spannend auflösen – aber da hat meist der Auftraggeber was dagegen. „Man soll es so sehen wie der Besucher“.
Mir ist das oft zu tot.
Auch darf man bei einer Auftragsproduktion nicht die „Verwertungskette“ unterschätzen – also wer schneidet das Material. Wichtige Frage – wenn der/die keinen Bock auf unerwartete Einstellungen hat, dann wird nix draus.
Im Gegenteil, man darf sich noch was anhören, von wegen so nimmer!
Es gab einmal das Magazin Polylux aus Berlin – für die Drehen war eine Lust, dann die Cutter gierten nach Material abseits der Norm. Und die waren richtig gut und zauberten, dazu Autoren die jeden Beitrag neu angingen.

drei

Ein spannendes Bildmotiv (nicht im Bild – ätsch) fesselt die gesamte Crew

Film lebt doch von Bewegung, von Perspektivwechseln und vom Spiel mit dem Objekt und dem Zuschauer.
Film lebt von Perspektiven, die aus der Norm der menschlichen Betrachtung fallen.
Das sind schon so einfache Dinge wie die Position der Kamera.
Und es gibt natürlich Drehs, da kann man fast nichts falsch machen, weil das Motiv, Protagonisten oder die Story schon alles trägt.
Da kommt man in einen Flow und wird mitgetragen.

noch-keine-Glatze

Bewegung dorthin bringen wo sich sonst augenscheinlich nichts rührt – in einen Fussboden z.B.

Wenn Motiv/Protagonist/Story keine Selbstläufer sind, dann Kopf hoch.
Wir hatten doch noch nie so viele Möglichkeiten. Dolly und Slider sind erschwinglich, wir haben GoPros und Multicopter. Der Rest ist eine Frage der Perspektive.
Lassen wir uns überraschen.

Hoch das Bein

In den 20ern war man ja bei weitem nicht so verklemmt wie heute. Liest man ab und an, ich kann es nicht beurteilen, war ja nicht dabei.
Die 20er waren das Thema eines Shootings im Alten Stadtbad zu Augsburg. Jener ehrwürdigen Stadt mit den Bewohnern und ihrem merkwürdigen Dialekt.
Es ist immer wieder total entspannend wenn man in einem Schwimmbad dreht.
LoaPeople Fotograf Reinhold Bader hat rundum Blitzlampen aufgestellt und munter summt der Strom in den Trafos. 220V, zig Kabel, Feuchtigkeit und überall lauern Wasserbecken, was will man mehr um dem Schnitter mal so richtig zur Seite zu stehen.
Mit einem munteren klonk flog dann auch mal die Sicherung weil die Feuchtigkeit nicht von der Elektronik lassen konnte.

Übrigens Feuchtigkeit – wie lange mache ich den Job schon? 20 Jahre?

Aber natürlich die Kamera über Nacht im Auto lassen – ist ja nur die kleine EX1. Und dann vor Drehbeginn am Kiosk Kleingeld wechseln um die Mühle mit dem Münzföhn 30 Minuten zu bearbeiten um die Linsen frei zu kriegen.

Andererseits war der Hamilton Effekt in den 80ern auch mal hip.