Die Lichtgestalt flackert

Am 07.01.1994 wurde Franz Beckenbauer Trainer beim FC Bayern München. Das blieb er dort bis zum 30.06.96.
Dem voran gingen natürlich erst einmal Gerüchte in den Sport- und Fernsehredaktionen – „Beckenbauer wird Trainer…?!“.
Das war in der Zeit vor dem Internet und auch das Handy war noch nicht so verbreitet. Die Nachrichtenagenturen und deren Tickermeldungen versprachen noch die alleinige Wahrheit zu verbreiten.

Und ich? Ich hatte in diesen Tagen meine ersten Einsätze als Kameramann.
Lange war ich Kameraassistent gewesen und am Tage als es klar wurde, dass Beckenbauer bei den Bayern unterschreibt, war mein erster alleiniger Drehtag als eigenverantwortlicher EB Kameramann.
Damals bei SAT.1″ Wir in Bayern“ im Auftrage von Radio Tele 1, mit BetaSP und in vierzudrei.

Natürlich wurden wir losgeschickt mit dem Auftrag, nicht ohne Beckenbauer Interview zurückzukommen. Parallel rückten Teams von RTL, BR und ZDF aus.
Der typische Newswettlauf, der mein Leben fast ein Jahrzehnt bestimmen sollte, begann. Unsere Redakteurin war fix und gegen Mittag fand sie jemanden, der jemanden kannte, der jemanden kannte.
Und der wusste:
In Kitzbühl sollte er sein, in einem Ferienhaus.

Dann ging es los ins winterliche Kitzbühl – ohne Navi, das gab es ja noch nicht – aber die Strecke war bekannt, das Auto ein Allrad und Strassenkarten, sowie ein sogenannter Shell Auto-Atlas mit an Bord.
So einen Shell Auto-Atlas muss man sich als farbig ausgedrucktes stimmloses Navi vorstellen.

Wir waren das einzige Team das diese Spur verfolgte, alle anderen, so erfuhren wir aus Gesprächen waren irgendwo in und um München unterwegs. Da gab es Gerüchte der Kaiser wäre in der Stadt.

Unser Wagen stoppte direkt am verschneiten Ferienhaus, ich weiss noch Wald links, Haus aus Holz und glatter Schnee überall.
Keine Name am Türschild.
Weissabgleich, frischer NP1 Akku für Power, 30 min Band drin, Mühle auf die Schulter, Angel nach vorne.

Klingeln.
Warten.
Erneut klingen.
Noch mehr warten.
Nichts.

Wir waren am Einpacken als ein Herr mit Langlaufski ums Hauseck kam.
Der Beckenbauer.
Es folgte eine kurze, äusserst freundliche Begrüssung. Warum wir da waren, das konnte er sich ausmalen und dann gings ins Haus, weil draussen kalt.

Wir haben das Interview gemacht, ich war echt nervös – erster Tag und es war klar, dass alle Sender ihren Teil vom Material haben wollten.
Aber alles lief gut.

Das ist jetzt über 20 Jahre her und mit dem Beckenbauer ist man älter geworden. Aus dem Franz wurde der Kaiser und dann die Lichtgestalt.
Und jetzt? Jetzt flackert er einwenig. 90 Tage ist er von der FIFA ausgeschlossen wegen Korruptionsvorwürfen. Der Franz. Die Lichtgestalt.
Und es sind bestimmt Kollegen wieder hinter ihm her – ob die Begrüssung auch so freundlich wird wie 1994?
Er wird es überstehen, ich wünsche es ihm.

Auf Uli H. traf ich übrigens erstmals ein Jahr vor Beckenbauer, das verlief anders. Dem Herrn H. wünsche ich daher auch eine besinnliche Zeit in Landsberg…….